Die Quantified Self-Bewegung (die Vermessung individueller Aktivitäten und Werte vom Schlafverhalten und Blutzuckerwert bis zur Anzahl gelesener Buchseiten, gelaufener/gefahrener/geflogener Kilometer und getrunkener Glas Bier pro Jahr) verspricht die Überwindung diffuser Selbstwahrnehmung durch unbestechliche Statistik. Der quantitative turn der Geisteswissenschaften verschiebt den Fokus auf die Selbstevidenz der Daten. Facebook offeriert Timeline als automatisiertes «Tagebuch» des digitalen Zeitalters. Überall gibt es einen Trend zum Daten-Dokumentarismus. Heisst das Statistik statt Narration? Ist es das Ende der Interpretation? Der Vortrag diskutiert das Thema anhand seines populärsten Beispiels.
Roberto Simanowski studierte Literatur- und Geschichtswissenschaft an der Universität Jena und promovierte dort 1996 zur Massenkultur um 1800. Nach Aufenthalten als Visiting Fellow an der Harvard University und der University of Washington in Seattle und einer Gastprofessur für Medienwissenschaft und Kulturtheorie digitaler Medien in Jena lehrte er als Professor für German Studies an der Brown University in Providence. Seit 2010 ist Roberto Simanowski Professor für Medienwissenschaft an der Universität Basel mit dem Schwerpunkt digitale Medien und Medienbildung. Zu seinen letzten Veröffentlichungen zählen: Digital Art and Meaning. Reading Kinetic Poetry, Text Machines, Mapping Art, and Interactive Installations, University of Minnesota Press 2011 und Digitale Medien in der Erlebnisgesellschaft. Kultur – Kunst – Utopie, Rowohlts Enzyklopädie 2008. Roberto Simanowski ist Gründer und Herausgeber des Journals für Kunst und Kultur digitaler Medien dichtung-digital.org.
Sa 20. April
10:30 – 12:30 Uhr
Was ist Wirklichkeit?
Dirk Baecker: «Was ist Wirklichkeit?»
André Eiermann: «Dieser Vortrag ist nicht echt»
Roberto Simanowski: «Wer bin ich wirklich? / Quantified Self»
Kaserne Basel, Rossstall