Seit Jahrhunderten unterscheidet die Philosophie zwischen Wahrheit und Wirklichkeit. Der Vortrag geht dieser Unterscheidung nach. Was hat man davon, falls man diese Unterscheidung ernst nimmt, ausgerechnet das Wirkliche als unwahr und ausgerechnet die Wahrheit als unwirklich bezeichnen zu können? Man kann dem Verdacht nachgehen, die Wirklichkeit sei nur eine Täuschung. Man kann das Wirkliche mit einem anderen Wirklichen vergleichen, ohne deswegen werten zu müssen. Und man kann das Wirkliche funktionalisieren, das heisst nach Zweck und Mittel, Problem und Problemlösung unterscheiden, ohne sich deswegen an einer Wahrheit vergehen zu müssen. Die Wahrheit jedoch bleibt währenddessen – unwirklich.
Professor Dr. rer. soc. Dirk Baecker, geboren 1955, studierte Soziologie und Nationalökonomie an den Universitäten Köln und Paris-IX (Dauphine). Er wurde promoviert und habilitierte im Fach Soziologie an der Universität Bielefeld. Verschiedene Forschungsaufenthalte führten ihn an die Stanford University in Kalifornien, USA, an die Johns Hopkins University in Maryland, USA, und an die London School of Economics and Political Sciences in London, Grossbritannien. An der Universität Wien lehrte er als Gastprofessor. Im Jahr 1996 wurde er an die Universität Witten/Herdecke auf den Reinhard-Mohn-Stiftungslehrstuhl für Unternehmensführung, Wirtschaftsethik und sozialen Wandel berufen, im Jahr 2000 auf den Lehrstuhl für Soziologie an derselben Universität. Im Jahr 2000 wird er Mitbegründer des Management Zentrums Witten. Im Jahr 2007 nimmt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für Kulturtheorie und -analyse an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen an.
Als Vertreter der Soziologischen Systemtheorie hat Baecker in Forschung und Lehre eine Vielzahl von soziologischen Gebieten und Fragestellungen durchdrungen. Dazu gehören Arbeiten zur Theorie der Kunst sowie der symbolisch generalisierten Kommunikationsmedien. Hervorgetreten ist er allerdings als Wirtschafts- und Organisationssoziologe mit Publikationen zu den Themen Planungs- und Entscheidungstheorie, Managementtheorie sowie mit Studien zum Begriff des Risikos. Auseinandergesetzt hat sich Baecker auch mit der Logik George Spencer-Browns.
Dirk Baecker hat verschiedene Texte zum Theater geschrieben, die gerade gesammelt beim Verlag «Theater der Zeit» herausgebracht wurden.
Sa 20. April
10:30 – 12:30 Uhr
Was ist Wirklichkeit?
Dirk Baecker: «Was ist Wirklichkeit?»
André Eiermann: «Dieser Vortrag ist nicht echt»
Roberto Simanowski: «Wer bin ich wirklich? / Quantified Self»
Kaserne Basel, Rossstall